Eigentlich sollte dieser Blogpost von der schönen Zeit mit unseren Müttern auf Guadeloupe handeln. Es sollte eigentlich um Ausflüge zu Wasserfällen und heißen Quellen gehen, über Strandtage, Sehenswürdigkeiten und leckeres Essen. Eigentlich. Doch es kam anders. Und nun steht unsere Reise vor einem großen Fragezeichen. Denn wir hatten uns auf vieles vorbereitet: Piraten, Stürmen, begrenzte Lebensmittelauswahl, motzende Kinder, motzender Ehemann, kaputtes Boot… aber mit einer Epidemie haben wir nicht gerechnet.
Als unsere Mütter letzte Woche Mittwoch ankamen war noch heile Welt. Wir aßen frisches Kokosnuss-Sorbet, wanderten durch den Regenwald zu einem Wasserfall, es ging zu einer heißen Quelle, das volle Programm. Und am Sonntag wurde erst verkündet, dass alle Geschäfte ab Montag geschlossen bleiben, am Montag wurde für Dienstag die Ausgangssperre für 15 Tage verkündet. Bitte was?! Wie schnell kann das denn gehen? Von “I enjoy my life. Take it easy.” zur Endzeitstimmung innerhalb von wenigen Tagen. Zum Glück haben unsere Mütter auf unser Drängen schnell gehandelt und ihren Rückflug auf eine Woche früher umgebucht.
Pläne sind da, um geändert zu werden?
Eigentlich wollten wir, nachdem unsere Mütter am 26. März wieder nach Deutschland fliegen sollten, Richtung St. Barth, um Freunden zu besuchen (Lockdown), dann nach St. Martin um etwas am Rigg reparieren zu machen (Grenzen zu) und dann auf die British Virgin Islands (Grenzen zu). Das ist im Moment alles nicht möglich. Fast alle Inseln und immer mehr Länder schließen ihre Grenzen. Eigentlich wollten wir zur Hurrikansaison nach Kolumbien (Grenzen bis Ende Mai zu). Unabhängig davon, dass wir da nicht reinkommen: Wollen wir in dieser unruhigen Zeit wirklich in Kolumbien sein? Was ist, wen die Lebensmittel ausgehen? Was ist, wenn Arbeitsplätze verloren gehen? Was ist, wenn die medizinische Versorgung nicht gewährleistet ist? Machen wir uns viel zu viele Gedanken?
Jedenfalls hat Corona einige Pläne bereits gravierend beeinflusst, nicht nur unsere. Freunde von uns sitzen im Moment in Kolumbien fest, denn ihnen wird die Ausreise verboten. Andere Freunde wollten am Mittwoch durch den Panamakanal, der Termin wurde aber gecancelt. Crews wurden auseinandergerissen, eine Freundin wollte nur kurz nach Deutschland fliegen, jetzt darf sie nicht wieder zurück zum Boot. Ihr Mann ist alleine in der Karibik. In Deutschland sitzen wiederum Freunde fest, die nicht nach Spanien zu ihrem Boot kommen, da die Grenzen dicht sind. (Wie oft habe ich “Freund” geschrienen? 😉 ) Crews, die Boote überführen sollten, können nicht anreisen. Es ist der Wahnsinn.
In der Karibik bleiben?
Hier auf Guadeloupe geht es uns im Moment, trotz Ausgangssperre, gut. Volle Supermärkte, sehr wenige Corona-Infizierte, gutes Klima, eine schöne Landschaft und es ist Frankreich. Wir hören auf unserem Boot das Meeresrauschen, wir können ins Wasser hüpfen, es gibt täglich frisches Baguette. Die Sicherheit für uns EU-Segler ist gegeben. Wir als Langfahrten-Segler haben aber neben dem Virus noch das Wetter, beziehungsweise die Hurrikansaison zu berücksichtigen. Weder Guadeloupe noch andere französische Inseln liegen in einem Hurrikansicheren Gebiet. Was ist, wenn bis Mai (beziehungsweise bis September, da kommen in der Regel die Hurrikans) immer noch alle Grenzen zu sind? Wird es beispielsweise auf Grenada, unabhängig von Wetter und Virus, sicher sein? Wie wirkt sich die Krise auf die Karibik weiter aus? Machen wir uns viel zu viele Gedanken?
Nach Deutschland zurückkehren?
Wir stellen uns also die Frage, ob es für uns und unser Boot in Deutschland sicherer wäre. Da könnten wir abwarten, bis sich alles ein wenig beruhigt hat und dann könnten wir nochmal in unser geliebtes Galizien und anschließend das Mittelmeer erkunden. Auch nicht schlecht.
Natürlich müssten wir erstmal nach Deutschland kommen… unsere Serenity hier zu lassen und nach Deutschland zu fliegen wäre für uns wirklich der worst case. Der Rückweg mit dem Segelboot ist nicht ohne, den wir in unserer Konstellation nie machen wollten. Per Frachter verschiffen wäre sehr teuer (wenn es drauf an kommt, ist Geld aber egal) und uns würden sie wegen Corona nicht mitnehmen. Dann säße wir hier in der Karibik ohne Boot. Und wären wir im Moment überhaupt gerne in Deutschland? In Deutschland sind deutlich mehr Infizierte, Deutschland dreht ab, Deutschland fängt gerade erst an.
Abwarten, Tee trinken, Augen auf halten
Wir bewerten die Situation jeden Tag neu. Denn jeden Tag ändert sie sich weltweit. Es fällt uns immer noch schwer, das ganze zu begreifen. Im Moment bleiben wir jedenfalls hier in der Karibik. Spätestens Anfang Mai müssen wir uns entscheiden, ob wir nach Deutschland zurücksegeln oder nicht.
Natürlich sind wir verunsichert, wir wollen nichts falsch machen. Gerade weil wir die Verantwortung für unsere Jungs haben. Wir wollen nicht den Absprung verpassen, aber auch nicht zu vorschnell handeln. Wir wollen die Lage ernst nehmen, aber nicht in Panik verfallen. Gar nicht einfach. Die Leichtigkeit unserer Reise ist im Moment leider nicht mehr da. Aber was auch immer passieren wird und wie wir uns entscheiden werden, wir schaffen das und es wird gut sein. Da bin ich mir ganz sicher.
Wir halten Euch auf dem Laufenden. Bleibt gesund und bleibt zu Hause!
11 Gedanken zu „Verloren im Paradies – Should I stay or should I go?“
Moin ihr Vier,
Ich glaube es ist wirklich nicht einfach für euch eine passende Entscheidung zu treffen. Sonntag den 22.3.20 hat Frau Merkel verkündet was für die nächsten 2 Wochen gilt. Alle Punkte beschränken das Leben auf ein Minimum. Jetzt soll das bis 20.4.20 so weiter durchgeführt werden. Alle Länder auf der Welt handeln mehr oder weniger gleich. Man kann nur hoffen, das Corona durch diese Maßnahmen eingeschränkt wird.
Bekannte von uns hängen in Costa Rica fest. Die sind mit dem Wohnmobil seit Anfang November auf Panamericana Tour und wollten noch durch die USA bis Kanada. Aber die müssen auch nach einer Lösung suchen was mit dem Wohnmobil passieren soll und wie sie nach Deutschland kommen. Oh man, das haben sich alle, die auf Reisen sind, anders vorgestellt.
Es tut uns wirklich sehr leid für euch. Aber am wichtigsten ist, dass euch, egal wie ihr euch entscheidet, nichts passiert. Wie gut das ihr schon einige Reparaturen in der letzten Zeit durchgeführt habt.
Herzliche Grüße, passt gut auf euch auf und immer eine Handbreite Wasser unter dem Kiel.
Gabi und Thomas
Ich kann Eure Überlegungen gut nachvollziehen denn wir stehen vor ähnlichen Problemen.
Zurück nach Europa ist für uns auch keine Option.
Wir sind heute Hals über Kopf von den BVIs in die USVIs geflüchtet. Denn dort haben wir Dank Visum 6 Monate Aufenthaltsrecht.
Aufgrund Aussagen des Gouverneurs im TV waren wir uns nicht mehr sicher, ob die USVI die Grenze für ankommende Yachten schliessen.
Und da in den BVIs unklar ist ob die 1 monatige Aufenthaltserlaubnis verlängert wird, haben wir schweren Herzens die leergefegten BVIs verlassen und sind in die vollen USVIs.
Jetzt haben wir zumindest etwas Zeit die Sache zu beobachten und hoffen drauf, vor Beginn der Hurrikansaison irgendwohin zu dürfen wo wir sicher sind. Aktuell sind alle südlichen Inseln wie Curaçao und Trinidad usw. zu.
Stefan
http://www.sail-invia.com
Hallo Stefan,
Irgendwie werden wir alle diese Krise meistern. Ich drücke uns die Daumen!
Liebe Grüße
Christina und ihre drei Männer
Ich wuensche Euch alles Gute und dass Ihr eine Loesung finden werdet.
Mast- und Schotbruch und immer eine handbreit Wasser unter dem Kiel,
Pit
Vielen Dank! 🙂
🙂
Hallo, euch erstmal ein gesundes neues Jahr! Wir haben schon an euch gedacht. Aber die Probleme und Fragen für euch sind ja viel schwieriger, als man es aus der Ferne erstmal denkt. Auch wenn es hier sehr ruhig ist, man darf nicht mehr auf die Spielplätze, man soll nichts mehr gross unternehmen, keine Schule und Kitafreunde mehr besuchen. Das ist mit Kindern schon nicht leicht. Da hört sich am Strand hocken erstmal verlockender an. Wir hoffen das beste für euch, wäre ja sehr blöd, schon nach einem Jahr die Segel streichen zu müssen. Grüße aus Bodenheim Martin
Hallo ihr Lieben! Wir wünschen Euch auch ein gesundes neues Jahr. Am Strand hocken ist hier leider verboten, aber wir können zumindest vom Boot ins Wasser hüpfen. Ihr habt jetzt die Gelegenheit, eure Boulderwand zu nutzen. 😉 Wir denken an Euch!
Liebe Grüße aus Guadaloupe
Christina und ihre drei Männer
Haha Boulderwand. Ich hab mir irgendwie die Beugesehne im Mittelfinger kaputt gemacht (ich weiß nichtmal wie). Immerhin gab es noch MRT. Falls eine OP erforderlich wird, muss ich wohl etwas warten. Gundula wird eher nicht warten müssen, den Geburtstermin Anfang Mai wird man schlecht per Verordnung verschieben können. Und bouldern geht auch nicht mehr. Wird spannend.?
Uhhh, ihr kriegt nochmal Nachwuchs? Glückwunsch!!! Dann sind wir, wenn wir irgendwann wieder zurückkommen, wohl ähnlich fit im Klettern. ? Drücken Euch die Daumen!