Es ist die ätzendste Zeit eines Langfahrt-Seglers. Beim Liften kommen meistens böse Überraschungen zu Tage. Man klettert über eine Leiter ins Boot. Alles ist dreckig und hat Camping-Charakter. Tadaa: Hallo, liebe Werftzeit.
In Carriacou, eine kleine Insel die zu Grenada gehört, haben wir unsere Serenity spontan aus dem Wasser geholt. Eigentlich wollten wir noch ein wenig in unserem geliebten Grenada bleiben, aber die Werft hatte kurzfristig einen Krantermin, den wir nutzen wollten. Dienstag vormittags kam die Zusage, Mittwoch vormittag war der Krantermin. Die Werft ist unschlagbar günstig und hat unter Seglern einen guten Ruf. Hals über Kopf ging es also zur ungünstigsten Zeit (Wind genau auf die Nase, zwischen den Inseln Seitenstrom, der auch noch Dank Vollmond im Peak stand, zusätzlich waren wir zum Zeitpunkt des stärksten Stromes unterwegs) wieder in den Norden. Für die 30 Seemeilen haben wir bei 25 Knoten Wind, Fock am Kutterstag (Kevins Lieblingssegel) und halbem Groß, zehn Stunden gebraucht.
Ach du liebe Bootsarbeiten
Aber warum müssen wir überhaupt raus? Das Antifouling muss erneuert, die Opferanode am Propeller ausgetauscht, das Ruder gecheckt, das Teackdeck bepinselt und ausgebessert, die Winschen gecheckt, der zweite Wassertank am Wassermacher angeschlossen werden und und und. Nicht umsonst gibt es den Spruch “Ein Boot besitzen heißt, es an den schönsten Orten der Welt zu reparieren.” Können wir bestätigen. 😉 Unsere oben genannte böse Überraschung war der Zustand unseres Kiels: Er hatte deutliche Schäden an der Grundierung, dadurch gelang Wasser zwischen Grundierung und Kiel. Und dadurch begann unser Kiel zu Rosten. Das mussten wir dringend ausbessern. Gut, dass wir spontan in Carriacou die Chance zum Kranen genutzt haben, sonst wäre der Schaden noch größer gewesen.
Das liebe Leben auf der Werft
Auf der Werft selbst ist das schöne Langfahrt-Leben dann kurz unterbrochen. Kurz? Eine Woche kann verdammt lang sein, gerade mit jungen Kindern. Alternativ hätten wir in ein Hotel oder eine Ferienwohnung gehen können. Wir haben uns dazu entschieden, lieber auf dem Boot zu leben und das so eingesparte Geld in Arbeiter zu investieren. Denn auch wie beim Segeln: Einer von uns (in dem Fall meistens ich) kümmert sich um die Kinder, einer von uns (in dem Fall meistens Kevin) kümmert sich ums Boot. Also haben wir das Antifouling und Reparieren unseres Kiels vergeben, Kevin ist daneben voll mit anderen Projekten beschäftigt. Das schont Kevins Kräfte und wir sind hoffentlich schneller wieder im Wasser.
Neidisch schiele ich zu den Familie mit älteren Kindern, die mit Anpacken oder den Paaren, die Hand in Hand ihr Boot schleifen und streichen. Ich tingele dagegen mit einem Eimer Geschirr zum Waschhäuschen, beaufsichtige die Roller-Abenteuer der Jungs oder streife mit ihnen durch Tyrrel Bay. Kevin ist der “lonesome craftsman”, der sich abmüht. Hach, wie gerne würde ich mit Kevin gemeinsam den Pinsel schwingen, gekleidet in Ganzkörperanzug und mit Atemschutzmaske, schwitzend bei 28 Grad. Aber giftige Farbe und unbeaufsichtigte Dreijährige sind eine brisante Mischung. Apropos Romantik: Ich habe zum Valentinstag neue Sitzkissen mit verstellbarer Rückenlehne fürs Cockpit bekommen, die ich mir schon lange gewünscht habe. 🙂
Carriacou – alles eine Spur langsamer
Carriacou – aus dem Karibischen übersetzt “Insel der Riffe – ist an sich eine sehr beschauliche Insel. Auf den 31 Quadratkilometern wohnen etwa 6.000 Menschen. Überall laufen Ziegen, Schafe, Kühe und Hühner herum. Auch hier kann man wunderbar mit den öffentlichen Bussen reisen. Hier schlägt im Vergleich zu Grenada ein anderer Takt. Alles ist eine Spur langsamer, entspannter, kleiner, langweiliger.
Wir freuen uns jedenfalls alle, wenn wir weiter ziehen und endlich Dominica erkunden können. Auf dem Weg dorthin wollen wir nur einen Zwischenstopp auf St. Lucia machen. Drückt uns die Daumen, dass wir spätestens Freitag, lieber schon Mittwoch, wieder im Wasser sind.