Over and out! Back to 16…

Und auf ein mal ist es soweit. Unsere Reise auf unserer lieben Serenity ist zu Ende… wie schnell können bitte 3,5 Jahre vergehen? Wobei, jetzt ist sie nicht mehr unser Boot. Den Spruch “Es gibt zwei schöne Tage eines Bootseigners…” können wir jedenfalls bestätigen. 😉

Anfang 2018 haben wir Serenity, damals noch “Lastwan”, in Lorient in der Bretagne gekauft und ein Jahr für die Langfahrt aufgerüstet. Jetzt gehört das Boot, das wieder umbenannt werden wird, einem sehr netten Frührentner-Paar, das die nächste Jahre das Mittelmeer erkunden wird. Doch zuvor mussten wir aus dem Boot “ausziehen”. Was sich alles in der Zeit anhäuft ist bemerkenswert oder viel mehr erschreckend. Jedenfalls haben wir sicher 20 volle Müllsäcke mit unseren Dingen entsorgt.

Ich habe auf Facebook und Instagram gefragt, was Ihr schon immer wissen wolltet. Welche Frage wolltet Ihr uns schon immer stellen? Es kamen fantastische Fragen, danke dafür, und die Antworten gibt es heute im ultimativen:

Q&A 3,5 Jahre Langfahrt auf einem Segelboot mit Zwillingen

War die Reise so wie wir sie uns vorgestellt hatten?

Nein. 🙂 Ich denke, man kann sich das im Vorhinein nicht vorstellen, vielleicht nur erahnen. Dann kamen noch Corona und der Ukraine-Krieg, wer hätte so etwas vorhersehen können? Man sollte generell nicht an Vorstellungen festhalten, denn letztendlich macht das unglücklich, wenn etwas dann nicht so ist, wie man es sich vorgestellt hat. Unsere Route war schließlich auch anders als wir es ursprünglich geplant hatten.

Haben wir die Reise genossen?

Ja, aber nicht immer. Stichworte: Verstopfte Bordtoilette, quengelnde Kinder, stürmische See.

Sind wir im rückblickend froh, dass wir die Reise gewagt haben? Würden wir es wieder machen (mit dem Wissen von heute)?

Tausendmal ja! Die Zeit war intensiv und einmalig, wir sind sehr froh die Reise gewagt zu haben.

Sind wir traurig, dass die Reise zu Ende ist? Wie schwer ist es jetzt sesshaft zu werden? Die Zeit danach, das Wiedereinleben in den ganz “normalen” Alltag, wie ist das?

Wir sind nicht traurig, dass die Reise zu Ende ist, denn alles hat seine Zeit und jetzt ist die Zeit für Schule, Arbeit und Berge. Da wir in unserer neuen Heimat in Süddeutschland noch viel zu Erkunden und zu Erledigen haben (Stichwort: Wohnung einrichten), wird es erstmal nicht langweilig. Das ist auch ein Grund, weswegen es uns nicht so schwer fällt wieder sesshaft zu werden, denn wir haben uns unseren Traum erfüllt: Leben in den Bergen. 🙂 Wären wir ins Rhein-Main-Gebiet zurückgekehrt, sähe das vielleicht anders aus…

Ich schließe aber nicht aus, dass wir/ich in eine Art Tief fallen können nach einer gewissen Zeit. Auch müssen wir uns gerade wieder neu “erfinden”, neu sortieren. Jeder muss seinen Platz finden. Routine, Hobbys, irgendwie eine spannende Wandelzeit.

Was haben wir am Meisten vermisst? Was genießen wir jetzt?

Vermisst haben wir unsere Freunde und Verwandten, die Berge, Zeit für sich (me-time) und für uns als Paar, eine warme Badewanne (die wir jetzt auch nicht haben, grummel), Bewegung. Und das genießen wir jetzt sehr.

Was hat uns am Meisten gefallen?

Die verschiedenen Kulturen zu erleben, die intensive Zeit miteinander, Sundowner.

Wo war es am Schönsten? Wo hat es uns am Besten gefallen?

Total schwierige Frage… irgendwie hatte jeder Ort seinen Zauber und seine schönen sowie schlechten Seiten. Madeira, Galizien, Sardinien, Griechenland, Portugal, die Karibik, die Bretagne… hach, überall war es toll. Festhalten kann man jedenfalls, dass die Menschen/die Kultur im Ausland sehr viel kinderfreundlicher ist als wir es in Deutschland erleben. Und die Menschen sind entspannter, meist fröhlicher.

Würden wir irgendeinen Ort weglassen oder nochmal besuchen?

Weglassen würden wir wahrscheinlich Marokko, obwohl es spannend und abwechslungsreich war. Es war aber auch extrem anstrengend. Ansonsten wollen wir nochmal in alle oben genannten Regionen/Länder irgendwann mal wieder. 🙂 In den nächsten Jahren stehen erstmal Berg- und Zelturlaube auf den Plan.

Was war wirklich gefährlich?

Gefährlich im Sinne von “Wir sinken und sterben!”, gab es zum Glück (!) nicht. Es gab sehr anstrengende Momente (zum Beispiel hier und hier zu lesen) und auch bedrohliche, zum Beispiel Wirbelstürme, die wir in der Ferne sahen und denen wir ausweichen mussten. Als Familie haben wir schlechtes Wetter (Stürme, zu starker Wind, falsche Windrichtung, Dauerregen) immer abgewettert und waren lieber Tage und manchmal Wochen am selben Ort. Wir hatten ja Zeit und Zeit gibt Sicherheit.

Für den Fall von Verletzungen haben wir uns so gut es geht vorbereitet und auch ausgerüstet. Die große Medizin-Tasche haben wir jetzt ungeöffnet (wir sind so dankbar!) wieder verkauft. Denn neben guter Vorbereitung und Prävention gehört auch immer ein bisschen Glück dazu.

Was behalten wir im neuen Leben in Deutschland oder im Alltag von der Reise?

Wir versuchen die südländische Gelassenheit und Fröhlichkeit bei zu behalten. Wir sind deutlich entspannter und vieles “regt” uns nicht auf, worüber wir uns vor der Reise geärgert hätten. Es muss nicht alles perfekt und effizient sein. Stichwort: Entschleunigung. Weiterhin sind uns “höher, schneller, weiter” nicht mehr wichtig, wir sind mit dem zufrieden was wir haben. Zeit ist für uns das wertvolle Gut.

Kulinarisch haben wir tatsächlich einiges während der Reise “mitgenommen” und genießen authentische Küche (italienisch, griechisch, spanisch…). Durch unsere Reise haben wir Erwachsenen unser Englisch enorm verbessert. Auch die Kinder haben schon erstes Englisch gelernt, das versuchen wir nicht zu verlieren.

Was passiert mit dem Boot?

Wir haben Serenity verkauft (siehe oben 😉 ), so wie es unser Plan von Anfang an war. Und wir sind auch nicht traurig deswegen, sondern dankbar dass dieser Aspekt nach Plan lief.

Wie deutsch sind wir noch?

Wir müssen (leider) zu geben: Noch ziemlich, haha. Wir genießen die Sauberkeit und Ordnung in Deutschland, allerdings nicht die Bürokratie. Wir “erledigen” sehr viel und müssen uns teilweise bremsen. Nicht einfach, nicht wieder in alte deutsche Muster zurückzufallen und so effizient und produktiv wie möglich zu sein.

Wie lief vieles Organisatorisch, beispielsweise mit der Post?

Meine Schwiegereltern haben es liebenswerterweise übernommen, unsere Post per Weiterleitung anzunehmen und uns digital zuzusenden. Nochmal tausend Dank! U-Untersuchungen haben wir beispielsweise ins europäische Ausland gelegt. Ansonsten haben wir im Vorfeld sehr viel organisiert. Und heutzutage geht tatsächlich viel per Telefon und digital.

Kann man nach solch einer Erfahrung überhaupt wieder “langweiligen” Alltag für die nächsten 40 Jahre leben?

Eins vorneweg: Wenn man auf einen Segelboot lebt, hat man auch “langweiligen” Alltag, der teilweise anstrengender ist als in einer Wohnung. Wäsche waschen (Wo ist der nächste Waschsalon? Mist, die Unterwäsche geht langsam aus…), Einkaufen (Transport zum Boot, “Schon wieder mehr eingekauft als ich wollte… das passt nicht alles in meinen Shoppen, argh!”), Geschirr per Hand spülen (jeden Tag (!) drei mal (!)), “Schule”, Arbeit.

Wir haben nicht vor, die nächsten 40 Jahre fest irgendwo zu leben… sobald die Jungs in zehn bis dreizehn Jahren mit der Schule fertig sind, werden wir sicher wieder zu einer Reise auf einem Boot aufbrechen. Oder wir werden für eine gewisse Zeit auswandern. Oder es geht mit dem Camper los. Oder Backpacking. Oder oder oder. Einmal Gipsy-Leben, immer Gipsy-Leben. 😉

Würden wir empfehlen so eine Reise zu machen, mit jungen Kindern?

Empfehlen? Hmm… es ist vieles sicher einfacher, wenn Kinder älter sind. Sie sind selbstständiger, können mithelfen, auch mal alleine bleiben. In unserem Fall war das keine Option wegen der Schulanwehsenheitspflicht in Deutschland. Im Großen und Ganzen haben unsere Jungs super mitgemacht, sie haben die Reise auch sehr genossen und viel “mitgenommen” als kleine Persönlichkeiten. Wir kennen aber auch Familien, die ihre Langfahrt abgebrochen haben, weil es bei ihnen nicht funktioniert hat.

Über unsere Erfahrung speziell im Bezug auf die Reise mit jungen Kindern könnt ihr unter anderem hier und hier lesen. Ich habe mir jedenfalls immer gesagt: In einer Wohnung wäre “Phase xy” genauso anstrengend. 🙂

Was war die größte Herausforderung?

Die Balance zu finden zwischen Arbeit, Familienzeit, Bootsarbeiten, Leben, Reisen, Entdecken, Ruhe. Wir sind bekanntermaßen die mit den “Hummeln im Popo”. Das war wirklich unsere größte Herausforderung. Vielleicht noch die Bewältigung des Schlafdefizits bei längeren Passagen… aber das war irgendwie leichter zu Meistern.

Wie oft waren wir kurz davor hinzuschmeißen?

Ein paar Mal, aber nie wirklich ernsthaft. 🙂 Nach der Zeit in Marokko, als wir alle Magen-Darm hatten und die Kinder sehr unzufrieden waren. Nach dem ekligen Schlag von den Kanaren auf die Kapverden. Als Corona kam und wir unsere Reise in der Karibik abbrechen mussten.

Gibt es eine Fortsetzung?

Auf jeden Fall! Wir wissen nur nicht wann und wie (siehe oben). 🙂

Bald offline

Da wir für den Blog monatliche Kosten haben, werden wir ihn bald offline nehmen… Ich habe es sehr genossen, Euch mit auf unsere Reise zu nehmen und unsere Erlebnisse (ungeschönt und echt) mit Euch zu teilen. Danke, dass Ihr uns begleitet habt! Irgendwann wird es wieder auf Langfahrt gehen, da bin ich mir sicher. In dem Sinne: Over and out! Back to 16… 😉

3 Gedanken zu „Over and out! Back to 16…

  1. Hallo Ihr Vier, ich habe es sehr genossen, Euren Blog zu lesen, seit wir uns kennenlernten auf Porto Santo. Schade, dass Ihr den Blog aus dem Netz nehmt, alles konnte ich noch nicht nachlesen.
    Ich finde, Ihr habt das großartig gemeistert mit den Kindern! Eure Jungs sind selbstbewusste kleine Persönlichkeiten, die schon mehr erlebt haben, als so mancher andere in Deutschland, der kaum aus seiner Stadt rausgekommen, aber 50 Jahre älter ist. 😂
    Meine besten Wünsche für eine zufriedene Zukunft für Euch alle und dass Ihr nie Eure Abenteuerlust und Neugier auf Neues verliert.
    Umarmung und liebe Grüße
    Heidi, Robert & Ilha 🐾

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