Motorausfall bei der Flucht vor dem Mistral

Ein sehr sehr blödes Erlebnis, das zum Glück gut ausging… Was war geschehen? Ein starker Mistral mit bis zu 40 Knoten Böen kündigte sich für mehrere Tage an. Vorausschauend wie wir nun mal planen, wollten wir am Tag vor dem Einsetzen in der sicheren Bucht von Mahón liegen.

Wir ankerten also eine letzte Nacht im Parc natural de s’Albufera des Grau, was nur etwa zehn Seemeilen von Mahón entfernt liegt. Keine weite Strecke, in etwa zwei Stunden sollten wir da sein. Jaaa, wenn denn nicht nach 30 Minuten nach Anker einholen auf einmal der Motor langsam ausgehen würde. Kevin und ich schauten uns ratlos an. Kevin versuchte den Motor wieder zu starten, nach wenigen Augenblicken (etwa eine Minute) ging er aber wieder langsam aus. “Könnte der Diesel leer sein?”, stellte ich in den Raum. “Kann eigentlich nicht sein.”, meinte Kevin. “Dieselpest? Verstopfte Filter? Kommt Kühlwasser noch an?”, fragte ich leicht panisch. “Keine Ahnung, wir tanken erstmal unseren Ersatzkanister”, entgegnete Kevin.

Wir haben neben unserem 200 Liter Dieseltrank immer einen 20 Liter Dieselkanister zur Sicherheit dabei, die wir bisher nie gebraucht hatten (beim Atlantik-Crossing hatten wir 100 Liter Diesel in Kanister dabei). Gesagt, getan. Wir tankten also den Kanister in den Dieseltank und starteten hoffnungsvoll den Motor. Hurra, er lief! Erleichterung machte sich breit und wir lachten über uns. “Haha, wir Doofies haben vergessen zu tanken, haha!” “Der meiste Grund, warum der ADAC zu Einsätzen gerufen wird, ist ein leerer Autotank und jetzt sind wir auch so doof, haha.”

Die Freude währte nicht lange, denn auf einmal ging der Motor wieder langsam aus. Kevin fing an zu fluchen: “Natürlich muss das jetzt passieren, wenn Starkwind ansteht!” und ich fing auch an zu fluchen “Blödes Segeln, immer geht irgendwas kaputt!” Wir gingen konzentriert weiter auf Fehleranalyse. Kühlwasser kam an. Kevin prüfte die Dieselfilter, Wasserabscheider und Dieselfluss. Diesel und Filter sahen sauber aus, wir machen ja auch immer Anti-Dieselpest-Chemikalien beim Tanken rein. Kevin hatte in Valencia alle Filter und das Motoröl im Rahmen des Motor-Services getauscht. Wir versuchten es etwa 20 weitere mal, immer mit dem gleichen Fehlerbild. Könnte es an der Pumpe liegen, die den Diesel vom Tank in den Wasserabscheider pumpt? Ist sie vielleicht kaputt? “Ich bin halt kein Mechaniker, sondern ITler! Wenn das ein Server wäre, wüsste ich was zu tun ist.”, schimpfte Kevin ein letztes mal und dann überwog sein Optimismus. “Das ist schließlich ein Segelboot! Wir segeln da jetzt rein! Die Einfahrt ist 200 Meter breit, das traue ich mir zu.” Fender und Anker machten wir für den Notfall bereit. (Problematisch sind nicht die 200 Meter Breite, sondern Strömungen und plötzliche Winddreher sowie Stellen ohne Wind.)

Wir kreuzten uns also Richtung Mahón, ich leicht gestresst. Unsere Freunde von der Capetown, die gerade in der Algarve unterwegs sind, schrieben vor Kurzem auf ihrer Seite sinngemäß: Egal wie scheiße oder stressig eine Situation ist, man muss sich vor Augen halten dass sie doch meistens nicht lebensbedrohlich oder gefährlich ist. Und das sagte ich mir dann innerlich vor. Denn es stimmt: Irgendwie kriegen wir das nach zwei Jahren Langfahrtssegeln hin, auch wenn wir uns das entspannter vorgestellt hatten.

Die Kinder bekamen einen Film und wir gingen in den ernsthaften Segelmodus. Wir schauten genau, in welchem Winkel und Abstand wir am Besten die Hafeneinfahrt passieren sollten. Kurz vor der Hafeneinfahrt versuchten wir nochmal den Motor zu starten und er sprang tatsächlich an. Wir wollten wenigsten durch die engste Stelle Motoren, jederzeit bereit den Anker zu werfen falls der Motor wieder ausgehen würde und Segeln nicht möglich wäre. Das Groß im 2. Reff ließen wir stehen und rollten die Genau ein, jederzeit bereit wieder auf den Segelmodus zu Wechseln. Ich betete innerlich “Komm schon, liebe Serenity, komm schon, liebe Serenity” und streichelte intensiv rhythmisch das Boot. Kevin steuerte konzentriert und wir erreichten schließlich die Ankerstelle und schmissen erleichtert den Anker. Geschafft! Der Motor lief weiterhin stabil. In den nächsten Tagen machten wir zum Test immer mal wieder den Motor an, er spring an und lief stabil. Seltsam…

Bei der ersten Gelegenheit fuhren wir dann zur Tankstelle, hier würden wir erfahren, ob es doch am fehlenden Diesel lag. Unserer Anzeige, wie viel der Dieseltank gefüllt ist, vertrauten wir noch nie und so tankten wir immer nach Einträgen im Logbuch. Die Motorstunden, die im Logbuch notiert sind, deuteten darauf hin, dass viel verbraucht wurde aber es noch reichen sollte… tatsächlich war der Tank zu etwa einem Viertel gefüllt genau 45 Liter. Da sollte es eigentlich keine Probleme geben. Unsere Vermutung ist, dass es Lufteinschlüsse im Diesel gab, verursacht von sehr starkem Geschaukel durch vorbeirasende Motorboote. Das hatten wir nicht erwartet. Puh, meine Nerven! (Vielleicht hatte jemand schon eine ähnliche Erfahrung?) Jetzt werden wir nach dieser Erfahrung vermehrt auf einen noch volleren Tank achten.

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