Die einen lieben sie, die anderen haben sie nicht mitgemacht – Fazit ARC

Unter den Atlantiküberquerern, denjenigen, die es mal werden wollen und den Seglern, die einfach zu allem ihre Meinung verkünden wollen, sorgt kaum ein Thema für mehr Diskussion: die Atlantic Rally for Cruisers – kurz ARC. Es gibt folgenden gängigen Satz: Die einen haben die ARC mitgemacht und lieben sie, die anderen haben sie nicht mitgemacht und hassen sie. Ich glaube, das sagt schon vieles. Wir haben uns dazu entschieden, mit ihr in die Karibik zu segeln. Warum?

Unsere Gründe: Milestone und Sicherheit

Für uns waren mehrere Punkte ausschlaggebend, warum wir uns bei der ARC angemeldet hatten. Für mich war es charmant, ein Datum zu haben, wann wir die Atlantiküberquerung starten werden. (Im Nachhinein muss ich sagen, dass ich diesen Punkt dann sehr verflucht habe, aber später dazu mehr.) Wir empfanden es als Langfahrt- und Eigner-Neulinge gut, dass Profis nochmal unsere Serenity unter die Lupe nehmen. Zusammen mit vielen anderen Booten zu starten gäbe zusätzlich ein Gefühl von Sicherheit, so dachten wir.

Was es wirklich war: Gemeinschaft und Spaß und Wissen

Diese Hoffnung hat sich rückblickend wirklich erfüllt. Noch viel mehr als das war aber vor allem die Gemeinschaft (man muss es wirklich so überschwänglich sagen) überwältigend. Wir waren in Las Palmas am Familien-Ponton S. Der Steg war voll mit Kindern aller Nationalitäten und Altersstufen. Und alle haben irgendwie zusammen gespielt. Jeder Erwachsene hat mal aufgepasst, in jedem Boot wurde mal gebastelt, gelesen, gemalt. Wir Eltern konnten uns neben den Bootsthemen auch wunderbar über die “Kinder an Bord”-Themen austauschen. Wenn jemand Hilfe brauchte, war immer einer zur Stelle. Das gemeinsame Projekt “Atlantiküberquerung” hat zusammengeschweißt. Hier sind richtige Freundschaften entstanden – unter den Kindern und den Eltern. Auch mit “Nicht-Familien-Crews” haben wir uns ausgetauscht und Kontakte geknüpft.

Und die ARC hatte viele “get-together-events” organisiert, was einfach Spaß gemacht hat. Welcome Party, Sundowner, Crew Supper, Motto-Party, Farewell Party… in Mindelo gab es dann noch Ausflüge, in St. Lucia einen herzlichen Empfang. So hatte das ganze eine Art Event-Charakter. Neben den Veranstaltungen gab es dann viele Seminare, die unser Wissen erweitert haben. Wir konnten erfahrene Segler um ihre Meinung fragen und profitierten von ihrer Erfahrung.

Was uns nicht gut gefallen hat

Ja, günstig ist der Spaß nicht, auch wenn es viele Vergünstigungen in Marinas gibt. Einiges musste dann noch zusätzlich gezahlt werden, wie beispielsweise das Crew Supper. Gut, für die Gebühr wurde uns viel geboten. Das ein oder andere hätte aber in der Gebühr ruhig enthalten sein können. Daneben wurde die Merchandising-Werbetrommel gerührt. ARC-Poloshirts, ARC-Kissen, ARC-Becher, ARC-Sticker, selbst ARC-Teddybären wurden feil geboten. Das ist so gar nicht unseres. (Den ARC-Becher, der aus recycelten Material gefertigt wurde, haben wir uns zur Erinnerung geholt. Da Timo einen Becher in der Marina versenkt hat, brauchten wir eh Ersatz. 😉 )

Der gravierendste Negativ-Punkt ist aber das feste Abfahrtsdatum. Wir haben zwar immer gesagt “Wenn das Wetter nicht passt, dann fahren wir einfach später los.” Aber dann bist du in diesem ganzen Trubel, du arbeitest auf das Abfahrtsdatum hin und die Gemeinschafts-Dynamik greift auch noch um sich. Auf einmal verschieben sich deine Grenzen von “Genuss-Segeln” zu “Naja, es ist ja nicht wirklich gefährlich”. Wir wären in Las Palmas bei den damaligen Wetterverhältnissen nie abgefahren und die ersten drei Tage waren deswegen nicht schön. Wir hatten keinen Spaß und darum geht es uns doch eigentlich. Gut, die Erfahrung hat uns einiges gelehrt und wir haben auch diese nicht idealen Bedingungen gemeistert. Im Nachhinein sind wir stolz, aber schlimm war es trotzdem.

Welcome Party in Mindelo. Fruit Punsh für die Kids, Rum Punsh für uns.

Die kritischen Stimmen

Neben “teuer” haben wir oft von anderen Seglern (die nie an der ARC teilgenommen haben) gehört, dass wegen der ARC alles voll sei. Die Ankerbuchten, die Marinas und überhaupt. Eine wahre Pest. “Hust, wir machen da mit.” Nun ja.

“Wer es in die Kanaren geschafft hat, braucht keine ARC für den Atlantik” oder “Betreutes Segeln”, haben wir auch vernommen. Das war für uns aber ein sinnloses Argument. Die ARC schippert uns schließlich nicht rüber. Jeder Skipper und jeder Crew ist für sich und sein Boot verantwortlich. Keiner hält Händchen. Keiner übernimmt deine Nachtwachen. Es wäre auch ohne die ARC gegangen, natürlich, aber es wäre für uns definitiv nicht so schön gewesen.

Fazit

Wir können rückblickend sagen, dass wir sehr froh sind, dass wir die Atlantiküberquerung mit der ARC angegangen sind. Wir haben sehr davon profitiert. Vor allem die daraus entstandene Gemeinschaft und auch Freundschaften sind unbezahlbar. Ich bin mir sicher, dass wir einige der Crews wieder sehen werden. Ob jetzt, in einem Jahr oder in zehn Jahren. 🙂 Wir haben übrigens den Preis für die “closest finish line” mit der befreundeten Crew Aliara erhalten, was uns super gefreut hat. Außerdem wurden alle Kinder geehrt, 3.000 Seemeilen über den Atlantik gesegelt zu sein – wir sind sehr stolz auf unsere Jungs, wie toll sie das gemacht haben. Und die Leistung aller Zwei-Hand-Crews (zählen wir dazu eigentlich?) wurde besonders gewürdigt.

Wir sind aber auch froh, dass die ARC jetzt vorbei ist und wir wieder unserem Rhythmus folgen können. Getreu unseres Bootsnamens Serenity – Gelassenheit.

8 Gedanken zu „Die einen lieben sie, die anderen haben sie nicht mitgemacht – Fazit ARC

  1. Sehr treffend beschrieben, ich denke dass gerade der „Familiensteg“ bei der ARC eine Supersache ist. Was die Gemeinschaft angeht haben wir (ohne ARC) es bei der Anreise zu den Kanaren und Kapverden so erlebt, dass sich die Gemeinschaft zwischen den Langfahrtseglern unabhängig davon entwickelt hat, ob die Boote an der ARC (+) teilnehmen oder nicht, es war bunt gemischt. Und so soll es doch auch sein. Liebe Grüße aus Bequia.

    1. Eben. 🙂 Wir haben auch einige Langfahrtensegler unabhängig von der ARC kennengelernt, nur nicht so geballt logischerweise. Ich bin gespannt, wann sich unsere Routen endlich kreuzen werden. 😉
      Liebe Grüße aus Martinique
      Christina und ihre drei Männer

  2. Hallo Ihr Lieben! Toll geschrieben und ja, so ist es. Auch wir haben überlegt, ob wir in Las Palmas starten. Und dann macht man mit – und alles hat gut geklappt. Und auch wir freuen uns über die Menschen, die wir im Rahmen der ARC+ kennen gelernt haben ? Auf ein Wiedersehen, hier in der Karibik oder wo auch immer ?‍♂️?‍♀️ Eure MABETICA-Crew ⛵️

  3. Super Beschrieb eurer Eindrücke, ehrlich und authentisch. Vielen Dank!
    Wir zählen zu den Nicht-ARC Cruisern, aber “hassen” tun wir sie nicht ?
    Happy Sailing! SY Lupina

    1. Vielen Dank! ?
      Wir haben sie mitgemacht, „lieben“ tun wir sie aber auch nicht. ? Und unsere weitere Langfahrt werden wir wieder alleine gestalten.
      Liebe Grüße
      Christina und ihre drei Männer

  4. Hi Serenity Crew, ich bewundere sehr, wie souverän ihr mit den zwei Kids unterwegs seid, Gratulation wie ihr das meistert! Das ARC Resümee finde ich super und eure Plus und Minus kann ich absolut nachvollziehen. Abgesehen davon, finde ich es merkwürdig, dass das Thema so emotional diskutiert wird, denn es soll doch jeder den Modus finden, der für ihn passt und welcher ist schon perfekt für alle? Wäre ja auch langweilig, wenn alle Segler, die wir treffen, gleich ticken. genau deshalb ist es -für uns – das Spannendste an diesem jähr: viele verschiedene Menschen kennenlernen, die alle das gleiche tun nämlich segeln. Fair Winds und ich freue mich auf die nächsten Storys, liebe Grüße Ulli

    1. Liebe Ulli,
      Vielen Dank. ? Ja, ich verstehe auch nicht, warum bei dem Thema ARC die Gemüter so hoch kochen. Segler sind eben auch nur ein Durchschnitt der Gesellschaft und da ist „alles“ dabei.
      Liebe Grüße
      Christina und ihre drei Männer

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