Als sich endlich ein Wetterfenster Richtung Malta auftat, hissten wir letzten Mittwoch bei Sonnenaufgang die Segel. Die Überfahrt war überraschend angenehm bei schönem Wetter. Was uns aber ebenfalls überraschte war, dass wir als EU-Bürger, kommend von einem Schengen-Land, in Malta – ebenfalls Mitglied der EU und im Schengen-Raum – einklarieren sollen. Auf gut hessisch: Hä? Wir funkten, wie es laut Revierführer gefordert ist, zwölf Seemeilen vor Malta die Valetta Port Control an, um unser Kommen anzukündigen. Auch diese wies uns explizit darauf hin, dass wir einklarieren müssen. Nun gut.
Unerwartet kann man als kleines Segelboot beim Zoll allerdings nicht festmachen oder mit dem Dinghy gut anlanden. Da waren wir in der Karibik anderes gewöhnt… Unser Plan war es eigentlich, irgendwo nett zu ankern. Also richteten wir uns nach dem bekannten Spruch “Man kann den Wind nicht ändern…blabla” und gingen zähneknirschend in eine Marina. Die teuerste unserer bisherigen Reise übrigens. Anyway. So lagen wir wenigstens während des Geburtstages unserer Jungs und einer weiteren Starkwindphase sicher und können entspannt an Land. Kevin schnappte sich noch abends den e-Roller und machte sich auf die Abenteuerfahrt zum Zoll und zur Polizei.
Ist Malta sehenswert?
Malta hat uns direkt geflasht. Nachdem wir, abgesehen von Deutschland natürlich, die letzten sieben Monate in Italien verbracht hatten, entdeckten wir wieder eine völlig andere Kultur. Bis 1964 gehörte Malta zu UK, somit herrscht hier Linksverkehr und alle sprechen ausgezeichnet english, wenn auch mit arabischen Akzent. Neben English wird Maltesisch gesprochen, nach unserer Beobachtung eher die Alltagssprache, die aus einem arabischen Dialekt entstanden ist. Man findet, auch architektonisch, römische, italienische, griechische, englische, französische und orientalische Einflüsse. Ein richtig spannender Mix. Alle sind ausgesprochen freundlich, der Service in Restaurants ist dagegen eher gemütlich. Es ist weniger vermüllt und sauberer als in Italien. Man fühlt sich sicher und man sieht keine Bettler. Bei 300 Sonntagen im Jahr ist es auch ein wenig wärmer.
Mit einem Mietauto erkundeten wir die kleine Insel an einem halben Tag. Landschaftlich ist Malta, bis auf die Küste, eher unspannend, wenn nicht zu sagen: langweilig. Die Küste, die Wasserfarbe und die Ankerbuchten sind schön, aber so richtig umgehauen haben sie uns nicht. Vielleicht haben wir schon zu viele schöne Gegenden gesehen und unsere Ansprüche sind zu hoch geworden. 😉 Malta besticht durch die Kultur und die Städte. Keine Insel, die uns lange hält. Sehenswert ist das kleinste Land Europas aber in jedem Fall.
Ich liebe Erbsenpüree
Beim beliebtesten Snack sieht man wieder deutlich den englischen Einfluss in Malta: Pastizzi. Es sind kleine Blätterteigtaschen, die traditionell mit Ricotta oder Erbsen gefüllt sind und 50 Cent kosten. Meine aktuelle Sucht, die mit Erbsen. Sooo lecker! Die aktuelle Sucht der Kinder sind übrigens Sausage-Rolls, haha. Quassatat sind größere Bälle aus Mürbeteig, die auch wieder mit Ricotta, Erbsen, Spinat und Pilzen oder Fleisch gefüllt sind. Ftira ist das traditionelle Brot, das aus Sauerteig besteht und gerne mit Gemüse und Thunfisch gefüllt gegessen wird.
Kinnie, das nationale Softgetränk aus Bitterorangen und Kräutern, fanden wir vier alle überraschend ekelhaft und haben es nicht trinken können. Wir hatten vielleicht eine falsche Erwartungshaltung… eine fruchtige Orangenlimonade mit Kräuteraroma. Stattdessen ist Kinnie ziemlich bitter und wenig süß. Wir Erwachsenen geben dem Softdrink aber nochmal eine Chance, wie empfohlen mit viel Eis und einer Scheibe Orange. Vielleicht schmeckt es dann erfrischend? Wir werden berichten.
Die typische Vorspeisenplatte in Malta beinhaltet Bigilla (ein Dip aus Ackerbohnen), Malteser Wurst, Gbejniet (Ziegenkäse mit schwarzem Pfeffer), mit Thunfischpaste gefüllte Oliven, Tadam Imquadded (sonnengetrocknete Tomaten) und Cracker.
Valletta – die kleinste Hauptstadt Europas
Wir sehen unseren Törn nach Malta mittlerweile eher als Städtetrip. Interessanter Fakt: Mit rund 520.000 Einwohnern auf 316 Quadratkilometern Fläche gilt Malta als der Staat mit der fünfthöchsten Bevölkerungsdichte weltweit. Der Großteil der Bevölkerung konzentriert sich auf die Hauptstadtregion Valletta, in der rund 394.000 Einwohner leben. (Zitat aus Wikipedia) Und diese 520.000 Einwohner scheinen fast alle ein Auto zu haben, ein wahres Autoland. Fahrräder oder e-Roller sieht man, im Gegensatz zu Italien, kaum.
Valletta, die Hauptstadt Maltas – übrigens nach einem Franzosen benannt – ist ziemlich klein und kann bequem an einem Tag zu Fuß erkundet werden. Die Stadt ist schön, voller Leben, Moderne, Tradition, Geschäften, Botschaften und Restaurants. Rund um Valetta sind unzählige andere “Städte”, die miteinander und mit Valetta verschmolzen sind, sodass man kein Ende und Anfang erkennen kann.
Ein besonderes Highlight war das Esplora Interactive Science Center, ein riesiger Spaß für uns alle. 🙂
Auf kleinen Umwegen nach Griechenland
Heute legen wir wieder Richtung Sizilien ab, aber nach Syracusa an der Ostküste, wo wir bereits im Oktober waren. Das Wetter in Malta ist zu unbeständig für entspanntes Ankern und wir haben irgendwie das Gefühl alles Interessante gesehen zu haben. Und so langsam habe ich mich an den Erbsen-Pastizzi ein wenig übergessen… In der gut geschützten Ankerbucht in Syracusa wollen wir dann für ein gutes Wetterfenster warten, um zu den Ionischen Inseln zu segeln. Mal schauen, ob diesmal alles nach Plan läuft. 😉